Erfahrungen & Bewertungen zu Lebenskonzepte Köln

„Kritik ist heilsam und notwendig…“  [Auszug aus der Rede des SPD-Vorsitzenden Otto Wels gegen das Ermächtigungsgesetz.] …erklärte vor 80 Jahren Otto Wels im Deutschen Reichstag. Das hat ihn später das Leben gekostet, da die Nationalsozialisten überhaupt nicht mit Kritik umgehen konnten bzw. wollten.

Eine Herausforderung konstruktiv damit umzugehen

Der Umgang mit Kritik ist wohl eines der großen Herausforderungen im Umgang mit Menschen. Dabei ist das Aussprechen der Kritik, also das kritisieren als auch der Umgang mit Kritik, die wir von dritten Personen bekommen  eine oft schwierige Disziplin. Im beruflichen Kontext erleben wir öfters Kritik und können meist damit gut umgehen. Vielleicht finden wir auch etwas Positives in der Kritik. Etwas was vielleicht den Arbeitsprozess oder das Teamleben verbessern kann. Möglicherweise hat aber auch der Kollege oder der Chef eine spezielle Weiterbildung durchlaufen, um gut und wertschätzend Kritik zu platzieren.

Kritik am Arbeitsplatz

Auch wenn wir Kritik am Arbeitsplatz üben wollen oder müssen, halten wir uns an bestimmte Regeln. Wir sind meist sachlich, verwenden möglichst keine negativen Wörter, wir versuchen keine Beurteilung der gesamten Person zu vermitteln, sondern beschränken uns auf kleinere definierte Beispiele. Strikt wird eine destruktiv formulierte Kritik vermieden. Es soll nicht der Eindruck beim gegenüber entstehen, wir möchten ihn innerlich verletzen. Kritik wird in einem Gespräch hilfreich formuliert. Ein Gespräch besteht aus Fragen und Antworten und natürlich aus ZUHÖREN.

Nur meckern und nicht zuhören? Ist auch keine Lösung

Nur korrigieren und nicht zuhören, muss zum Scheitern verurteilt sein. Durch das Zuhören kann ich die Reaktion des Kollegen bzw. Mitarbeiters verstehen. In der Situation können Worte den gesamten Menschen oder eben nur sein Verhalten, bezogen auf eine definierte Situation  in kritisieren. Durch Fragen und Antworten kann ich, fall nötig Missverständnisse erst gar nicht entstehen lassen. Folglich wird das kritisieren nicht als negative Bedrohung empfunden, sondern wird als konstruktives Moment wahrgenommen. Wichtig sind dabei auch die Worte, die gewählt werden. Ist mein Gegenüber noch nicht so Kritikfähig und werden meine Worte als schlecht oder als Angriff gewertet, muss ich mich für eine weitere Form der Gesprächsführung entscheiden. Vielleicht muss ich meinen Text übersetzen, damit er besser verständlich wird. Eine Metapher bzw. ein Bild kann zum Formulieren genutzt werden, um auch kritischen Sachverhalten etwas Positives und Konstruktives  zu verleiten.

Warum üben wir in destruktiver Weise Kritik in der Partnerschaft?

Außer den privaten Lebensbereichen, wie Partnerschaft und Familie klappt es doch meist recht gut mit dem Kritisieren. Eine Studie ergab: In den Beziehungen kritisierten die Paare oft und meist auch destruktiver, als in anderen Settings, wie zum Beispiel den Arbeitsplatz oder in der Freizeit. Was könnte der Grund sein für dieses Verhalten sein? Auslöser für einen heftigen Streit, vielleicht sogar in der Folge der Grund für eine Trennung ist oft die Respektlosigkeit, die Paar in Beziehungen und Familien an den Tag legen. Wir trauen uns einfach viel mehr an Unterstellungen, Beschuldigungen und Beleidigungen.

Im Job würde es uns eine Abmahnung einbringen

Würden wir uns das im Arbeitsumfeld oder im Umgang mit Kollegen oder Kunden treuen, würden wir nicht selten mit einer Abmahnung im Gepäck den Feierabend beginnen. Es gibt also natürliche Bremsen, die wir eingebaut haben, um das Miteinander zu gewähren. Wir haben ein großes Interesse daran, dass durch eine Kritik wenn sie unsachlicher und verletzender Natur ist, das „große Ganze“, hier der Arbeitsplatz nicht gefährdet ist. Zu Hause ist das anders. Streithähne, die vielleicht ständig ihren Partner korrigieren und die selten konstruktiv sind, haben nichts zu verlieren. Nach einem Streit finden wir Wege, um wieder die Beleidigungen, Unterstellungen und Verletzungen zu verarbeiten.

Bleibt der Weg in die Paartherapie oder zum Scheidungsanwalt

Erst wenn das Maß richtig voll ist, geht man/frau zur Paartherapie oder zum Scheidungsanwalt. Kritiken üben in einer Beziehung, ohne den Partner zu verletzten und ohne eine Eskalation des Streits auszulösen will gelernt sein. In den seltenen Fällen haben wir eine solche Art nicht im Elternhaus erleben und damit erleben dürfen. Unsere Eltern haben oft nicht die Probleme benennen können ohne dabei die Wut des anderen auszulösen. Sehr oft mündete es in einem Streit, da der Kritisierte es sofort persönlich nahm und sich zur Wehr setzen musste. In einem eigenen Beitrag habe ich über die „Rechtfertigung“ geschrieben.

Die Rechtfertigung, ein enger Freund der Kritik 

Kritik löst nicht selten eine Rechtfertigung aus. Damit verfehlt das offene Wort über einen Missstand jedoch seine eigentliche Wirkung. Halten wir uns an die Empfehlungen, dann kann uns die offen gesagte Meinung des Partners „weiter bringen“. Viele Irrläufer und Irrtümer werden nicht ständig wiederholt. Wir können eigentlich nur lernen und müssten eine gewisse Wertschätzung für die ehrliche Kritik haben.

 

HIer nun die wwichtigsten Regeln bezüglich der Kritik 

Wenn ich etwas beanstanden möchte, überlege ich mir vorab, ob es wirklich nötig ist, hier und jetzt zu kritisieren. Vielleicht handle ich aus einer Art Reflex heraus: schon wieder ist die Müslischüssel nicht direkt in die Spülmaschine eingeräumt worden, sondern steht auf der Spüle. Das ärgert mich sehr. Jedoch sollte ich es abwägen, hier sofort meinen Unmut auszudrücken. Möglicherweise steht mein Partner/Partnerin unter beruflichen Stress oder die Familie fordert zurzeit viel Energie. Private und berufliche Verpflichtungen können stark negativ auf die Partner wirken. Eine Ermahnung bezüglich einer Unaufmerksamkeit, kann den Haussegen schnell schief hängen lassen. Natürlich gibt es Gründe und Umstände, die eine sofortige Aussprache und Klärung fordern. Oft ist es aber die Sache nicht wert, wenn ohnehin der Alltag oder die Lebensumstände einen stark fordern.

Beanstanden ohne Tadel aus zusprechen

Eine Beanstandung sollte nicht gleich in einem Tadel münden. Dabei ist es nicht wichtig, wie ich die Beanstandung vorbringe. Wir haben, laut Schulz von Thun 4 Ohren (vier Wahrnehmung-möglichkeiten) 1. Kanal ist die Information an sich, der 2. Kanal sagt etwas über den Sprechenden aus, der 3. Kanal sagt etwas über den Empfänger aus und der 4. Kanal  (das 4. Ohr) wird oft als Appell-Ohr bezeichnet. Das was gesagt wird hat folglich verschiedene Empfängerohren. Wenn ich das 4. Ohr „eingeschaltet“ habe, verstehe ich die Beanstandung als Aufforderung (Appell) für mich. Vielleicht wollte der Sender jedoch etwas über die Sache ausdrücken. Ein Beispiel mag es verdeutlichen: Sie sagt: unser Auto hat auch mal wieder eine Reinigung nötig. 1. Ohr versteht „das Auto sollte gereinigt werden“. 2. Ohr versteht, sie bemängelt es, dass das Auto schmutzig ist. Das 3. Ohr versteht „ich (Mann) fahre ein schmutziges Auto. Das 4. Ohr versteht “ sie will, dass ich mich um das Auto kümmere und es wasche. Wie unterschiedlich wird die Reaktion auf einen völlig identischen Satz sein, jenach dem welches Ohr ich „eingeschaltet habe?

Die 4 Seiten einer Infomation

Wichtig ist zu klären, mit welcher Intension hast du den Satz „das Auto ist schmutzig“ gesagt? Ich empfehle hier einen Buchtitel „Ich höre etwas, was du nicht sagst“ (aus der Gewaltfreien Kommunikation).  Ist das geklärt, passe ich meine Reaktion entsprechend an. Sonst verfehlen wir uns sprachlich sehr schnell.

Du Botschaften etc. gilt es zu vermeiden

Wichtig sind die allgemeinen Regeln eines Gespräches: keine Du-Botschaften, stattdessen bei sich und bei seinen Gefühlen bleiben. Keine Verallgemeinerungen (du bist immer…)

Ich empfehle auch die scharfe Trennung von Gefühlsebene und Sachebene (s. gesonderten Artikel) und nicht zuletzt immer wieder das „ZUHÖREN“. Kein ja aber… kein Veto… kein kontern… keine wenn -> dann Verknüpfungen, keine Erpressungen, keine Androhung von Liebesentzug, kein Ultimatum.

Zu guter Letzt: Immer beachten, dass mein gegenüber durch meine Beanstandungen nicht in die Kinderrolle gedrückt wird.  Selbstverständlich sollten Beleidigungen und Anmaßungen unterlassen werden. Vielleicht benötigt der eine oder andere noch einen Kurs in Achtsamkeit ausüben.

Die Ursachen für diese Problematik liegen häufig in der Sozialisation der Partner. 

Was habe ich zuhause erlebt? Wie haben meine Eltern miteinander auf Kritik reagiert, wie wurde diese vorgebracht und endete es womöglich in einem echten Streit oder ging man konstruktiv damit um. Wie wurde ich korrigiert? Wurde meine Persönlichkeit immer gewarnt oder folgte schnell die Strafe auf den Tadel? das hat mich genauso geprägt, wie meine Geschwisterkonstellation. Bin ich ein Einzelkind und habe nur Erwachsene im Familiensystem erlebt? Oder bin ich ein Nesthäkchen, das letzte Kind in der Geschwisterkonstellation? Auch als „Sandwichkind“ war es vielleicht nicht immer einfach. Vergessen wir nicht die Erstgeborenen. In einem gesonderten Artikel befasse ich mich sehr eingehend mit der Geschwisterkonstellation. In diesem Artikel gebe ich nur mögliche Gründe an, die mich geprägt haben in einer bestimmten Weise mit Beanstandungen umzugehen. Beachtung sollten auch Familiensysteme finden, die Patchwork geprägt sind oder Pflegekinder, Adoptivkinder beinhalten. Auch ein Migrations-hintergrund mit kulturellen und religiösen Normen prägt mich in Bezug auf Umgang mit Beanstandungen. Persönlichkeitsmerkmale, wie Temperament, Resilienz, Frusttoleranz, Intelligenz, Selbstregulation und Impulskontrolle um nur einige Beispiele zu nennen. Sie alle finden Einfluss auf den Umgang mit Beanstandungen an meinem Verhalten oder an meiner Person.

All diese Faktoren haben mich letztendlich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Mein Selbstkonzept ist entscheidend durch die Sozialisation geprägt worden. Ein Selbstkonzept ist erst dann fertig ausgebildet, wenn es den Menschen nicht mehr gibt. Bis dahin prägen wir uns ständig selbst oder werden geprägt.

Leiden sie unter diesem Thema, dann rufen sie mich doch einfach an oder schreiben sie mir eine E-Mail. Ich freue mich auf ihre Fragen und Anregungen

Ihr Georg Krause

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