Wie kann Kinder-erziehung und die Erziehung von Jugendlichen, trotz oder gerade wegen moderner Medien und sozialen Netzen gelingen?
Was steckt dahinter? Biedermeier und der Rückzug in die Familie oder nur ein Ort, an denen man bleiben kann? (ohne sich dauernd neuen Herausforderungen stellen zu müssen). Gartenzwergidylle? Suche nach Ordnung? Kunstwelten?
Stellt der Computer die Erziehung von Kindern und Jugendlichen auf den Kopf?
In der heutigen Zeit, so scheint es, suchen Kinder und Jugendliche oft die heile Welt in der fiktiven Umgebung von Computerspielen und im Internet. Je nach Bedarf, kann per Mausklick heile Welt eingeschaltet oder auch wieder ausgeschaltet werden. Dabei kann man/frau auch zwischen verschiedenen Levels wählen. Wem es zu eintönig wird, kann man genau ins Gegenteil switchen (von der heilen Welt ins Chaos). Also weg von der heilen Welt, hin zum Kriegsmodus? Die Spieleentwickler überbieten sich dabei mit möglichst authentischen Spielverläufen. Sollten Eltern nun in der Erziehung von Kindern und Jugendlichen sich danach richten oder lieber versuchen ein eigenes persönliches Angebot für Ihre Kinder und Jugendlichen zu erstellen?
Das Internet als Gefahr für Kinder und Jugendliche?
User/innen verfallen den realitätsfremden Szenen immer mehr, da sich allmählich eine große Langeweile einstellt. Jedes PC-Spiel oder Anwendung im Internet, hinkt der Realität zwangsläufig hinterher. Was bleibt ist die Sehnsucht unserer Gehirne nach mehr und besserer Unterhaltung. Dabei sind die Genres: Action, Games oder Sex nur oberflächlich zu genießen, denn nach dem Game, hat mich die Realität wieder und die bedeutet: ich sitze in meinem freudlosem Zimmer und befasse mich mit meiner Einsamkeit. Oft beschreiben Jugendliche diesen Zustand als tiefe Sehnsucht nach etwas, was sie kurzzeitig während der Nutzung ihrer PC-Spiele gefühlt haben.
Die tiefe Sehnsucht nach einer heilen Welt ist uns praktisch schon in die Wiege gelegt worden. Wir haben sie als Baby erfahren dürfen und auch die positive Erfüllung dieser Sehnsucht. Jedoch müssen schon Kleinkinder oft erfahren, dass ihre Eltern wenig Zeit für sie haben und oftmals fehlt es auch an Phantasie und Engagement der Eltern, in ihrem Nachwuchs diese Sehnsucht zu wecken. Die Kindererziehung sollte die Sehnsüchte von Kindern und Jugendlichen beinhalten, vielleicht sollte die moderne Erziehung von Kindern gezielt diese Sehnsüchte abbilden.
Was vererben wir unseren Kindern und Enkeln?
Wenn unsere Eltern selbst einmal diese Sehnsucht nach der heilen Welt erlebt haben und diese Sehnsucht dann auch befriedigt wurde, sind sie in der Lage diese Fähigkeiten an ihre Kinder weiterzugeben (Generation für Generation…)
Früher unterstützte sogar der Genuss von Fernsehen die kindliche Sehnsucht nach der heilen Welt.
Kinder träumten spontan oder auch regelmäßig von fernen Reisen oder Abenteuern, die die Darsteller in den Filmen erlebten.
Das Fernsehen hatte die Phantasiereisen der Bücher lesenden Kinder abgelöst. Schöner und vielleicht auch pädagogisch wertvoller war das Buch, auf jeden Fall.
Schon damals übte jedoch der Spielfilm eine große Faszination aus und so manches gute Buchgeschenk wurde ungelesen ins Regal gestellt. <
War früher wirklich alles besser?
Wenn wir Erwachsenen heute mal an die Handlungen und die Darsteller unserer Kinderträume zurück denken, wer fällt uns dann ein? Vermutlich haben unsere Eltern unsere Filmhelden und damit unsere Sehnsüchte nicht in unsere Kindererziehung mit aufgenommen.
Für mich war in den frühen Jahren meine Lieblingsfilme die amerikanische Serie „Flipper“, später gefolgt dann der Dokumentarfilmer Jaques Cousteau, der mit seinem Forschungsschiff die Geheimnisse der Unterwasserwelt, in unsere Wohnungen brachte. Wenn der Kommentator sagte: „die Calypso hat schon in den frühen Morgenstunden ihre Anker gehisst und nimmt nun Kurs aus die Südsee“, fuhr ich in Gedanken mit. Die Szenen aus den Filmen spielte ich oft alleine oder mit Freunden nach. Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich heute Sporttaucher bin und mich leidenschaftlich für alles Maritime interessiere, einschließlich Boote und Schiffe.
Mich hat die Sehnsucht nach der heilen Welt, die in „meinen“ Kinderfilmen immer Thema war, nicht mehr losgelassen. Automatisch fanden sich die fiktiven Handlungen meiner Filmhelden in meiner Welt wieder und damit auch in meiner Kindererziehung und später in der Erziehung als Jugendlicher.
Hier ein Beispiel, wie die Handlung im Film Einfluss nahm:
In der Serie „Flipper“ lebten die beiden Brüder eine unbeschwerte Jugend mit ihrem Vater, einem Ranger und einem zahmen Tümmler zusammen. In der scheinbaren Idylle (Vater, Söhne, Delphin) in Florida gedreht, fehlte eine Mutterfigur völlig. Für mich war das Filmset genau optimal besetzt, da mein Vater sehr früh verstorben war und ich darunter natürlich sehr litt, keinen Vater an meiner Seite zu haben. Die Sehnsucht nach einer heilen Welt (mit Vater) fand ein Ventil genau in diese Serie. Diese Serie erfüllte für 50 Minuten meine Sehnsucht nach einer heilen Welt. Danach träumte ich von Florida und spielte die Szenen nach.
Hier ein Beispiel, Einfluss der Handlung in die Entwicklung als Jugendlicher:
Später fand ich eine reifere Thematik, im TV-Bestseller „Entdecker der Ozeane“ mit Jaques Cousteau. Ein Taucherteam, das sich um einen väterlichen Expeditionsleiter scharrte, erlebte täglich neue Abenteuer und entdeckte dabei unbekannte Meerestiere. Die Sehnsucht nach der heilen Welt wurde für mich durch die furchtlosen Forscher symbolisiert, die alles was sie für ein erfülltes Leben brauchten, an Board der Calypso fanden. Geborgen in der Gruppe gleichdenkender, loyaler Taucher erfüllte jeder die von ihm geforderten Aufgaben. Als Lohn gab es Ruhm und Ehre. In meiner Jugend suchte ich nach solchen Teams, die mir Aufgaben übertrugen, die ich gerne und gewissenhaft erledigen konnte.
Was bringt diese persönliche Betrachtung des Themas „ Sehnsucht nach einer heilen Welt“ nun jungen Menschen, die vielleicht auf der Suche nach der Erfüllung ihrer Sehnsüchte sind weiter? Kann die Erziehung von Kindern und Jugendlichen mit den modernen Medien gelingen?
Einfach gesagt: nur die Realität ist abwechslungsreich genug, um nicht langweilig zu werden. Wir müssen die Realität jedoch abwechslungsreich, also unterschiedlich gestalten. Immer nur im Kreis herum laufen macht keinen Spaß, auch wenn es in einer schönen Umgebung geschieht.
Was in den Sechzigern und Siebzigern mit den damals modernen Unterhaltungsformen (TV), für Kinder und Jugendliche gut funktionierte, würde auch heute funktionieren.
Wie sieht die Realität heute aus?
Viele Kinder und Jugendliche, in unserer heutigen Zeit, werden oft verächtlich als die „Liegenden“ bezeichnet. „Liegende“ deshalb, weil sie oft viele Stunden am Tag liegend ihre Smartphones oder Tablets bedienen. Gedankenverloren und zunehmend stumpfsinnig wird Lebenszeit vernichtet. Die Kinder- und Jugendzeit wird stundenlange für langweilige Spiele, sowie für unpersönliche Kommunikation, in sozialen Netzwerken verbraucht. Von Erziehung der Kinder und Jugendlichen keine Spur!
Mit zunehmender Zeit vor dem Tablet, ist der Sinn für die Realität verblast und damit auch die reale Erfüllung von Bedürfnissen und Gefühlen. Sehnsucht nach einer heilen Welt findet nun mal in (m)einer eignen Welt statt und die ist mit lebenden Wesen bestückt, die ständig interagieren.
Wenn es gelingt die „Liegenden“ in eine junge Gesellschaft der „Bewegung“ zu überführen, ist der größte Teil der Arbeit geschafft. Um Sehnsucht zu erfahren muss ich Realität erlebt haben, nur dann kann ich auch das Gefühl von Mangel erfahren.
Sehnsucht stellt sich immer dann ein, wenn ein positives Gefühl nicht oder nicht mehr erlebt werden kann. Kindererziehung und die Erziehung von Jugendlichen soll aber mit (realen) positiven Gefühlen verknüpft werden.
Gefühle von Geborgenheit und Zuwendung im Kleinkindalter.
Kleinkinder haben genau die Gefühle von Zuwendung, Geborgenheit und Unterhaltung durch die Eltern und die Familie erfahren. Mit zunehmenden Alter ziehen sich die Eltern oftmals zurück, da sie die Erfahrung machen, dass ihre Kinder lieber Zeit mit den elektronischen Medien und den sozialen Netzwerken verbringen. Die Kindererziehung tritt in den Hintergrund und wird zur reinen Gebots- und Verbots-Instanz. Getreu dem Motto, wenn die Kinder nichts anstellen, störe ich sie auch nicht. Sollen sie ruhig ihre sozialen Netze bedienen und ihre Spiele spielen.
Einen normalen Prozeß der Ablösung vom Elternhaus konnten wir früher beobachten, indem Kinder und Jugendliche, Stück für Stück mehr Zeit mit Freunden verbrachten.
Dabei wurde je nach Wetterlage die Zeit im Haus oder in der Natur verbracht. Die heile Welt wurde in den Kinderspielen nachgestellt und dadurch intensiv verstärkt.
Kinderfilme, wie „die Kinder von Bullerbü“ 1960, verstärkten noch die Gefühle von „Heiler Welt“ und waren ein wichtiger Bestandteil in der Erziehung von Kindern und Jugendlichen.
Übergang zur Pubertät – die Ablösung vom Elternhaus.
Mit Eintritt in die Pubertät änderten sich zwar die Filme, Bücher und die Freizeit, jedoch blieben oft die Freundschaften bestehen. Das erlernte, kindliche Verhalten wurde nunmehr in eine entsprechende jugendliche Freizeit überführt. Idealerweise in Vereinen, Organisationen, mit der Möglichkeit Verantwortung für die Kleineren zu übernehmen. Sehnsucht nach der Idylle im Ferienlager, nach Lagerfeuern, nach Sporttunieren, Spieleabende, Nachtwanderungen etc. begleiteten die Jugendlichen hinein ins Erwachsenenalter.
Mit diesen Erfahrungen reich gesegnet, waren wir in der Lage, nunmehr unseren Kindern und Jugendlichen ebenfalls eine reiche Welt präsentieren zu können.
Einen Bruch, stellt für mich unser elektronisches Zeitalter dar, das bereits in der Vorschule mit dem ersten Handy, schon bei den Kleinsten Einzug hält. Fasziniert halten fünfjährige Kinder schon ihr Handy in der Hand und können kaum noch Aufsehen.
Daneben sieht man Eltern, die dieser Entwicklung hilflos gegenüber stehen. Entziehen sie den Kindern die Handys, ist der Protest lautstark zu vernehmen.
Schließlich möchte man den Kindern die sinnvolle Nutzung der medialen Welt nicht verbieten und erst recht keinen Schaden durch Verbote entstehen lassen. Es könnte ja schließlich auch von großem Nutzen für die Kleinen später einmal sein, wenn sie schon sehr früh gelernt haben, mit einem PC umzugehen.
Kindererziehung mit dem Handy oder trotz des Handys?
Da die Eltern nichts falsch machen wollen, machen Sie lieber nichts. Vielleicht haben sie selbst nicht die Anleitung durch ihre Eltern erfahren, sich an der Realität zu orientieren und die Freizeit in der Natur und unter realen Menschen zu erleben.
Um die Kinder, weg von den Sozialen Medien und den elektronischen Geräten zu bekommen, bedarf es interessante Angebote. Nur wenn etwas interessanter ist als die virtuelle Welt, ist ein Kind / Jugendlicher bereit, sich auf diese Erfahrungen einzulassen.
Hier sind die Familien gefordert. In einem ersten Schritt darf der bisherige Erziehungsstil hinterfragt werden. Besonders geeignet hat sich die autoritative Erziehung gegenüber der autoritären oder der nicht vorhandenen Erziehung durchgesetzt.
Die Vorteile der autoritativen Erziehung.
„Als autoritative Erziehung bezeichnet man einen Erziehungsstil, der durch hohe Responsivität und hohe Kontrolle gekennzeichnet ist. Eltern, die ihre Kinder autoritativ erziehen, gehen liebevoll auf diese ein und üben gleichzeitig ein hohes Maß an Autorität aus.“ (Quelle: Wikipedia)
Dann muss ein reichhaltiges Angebot für die Kinder / Jugendlichen geschaffen werden.
Ausbildung zum Kinder-, Jugend- und Familientherapeuten
Ich habe, als Dozent in der Erwachsenenbildung, anlässlich einer Projektarbeit (Ausbildung zum Kinder-, Jugend- und Familientherapeuten), möglichst viele Angebote zusammentragen lassen, die während der Schulferien den Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stehen.
Dabei haben wir besonders auf kostenlose oder sehr preiswerte Angebote geachtet. Die Studierenden waren überrascht, wie viele gute Angebote es gibt.
Wichtig ist die Motivation der Eltern und Erziehungsberechtigten. Es ist leider immer häufiger zu beobachten, dass Kinder sich selbst überlassen bleiben.
Kinder wählen dann, um der Einsamkeit zu entgehen, die beschriebenen sozialen Medien und verschließen sich der Realität immer mehr. Das Ergebnis ist eine Sehnsucht nach der heilen Welt, die kein Computer und kein soziales Netzwerk zu stillen vermag, wohl aber die Realität mit wirklichen Menschen und viel erlebter Natur.
Falls Sie Fragen oder Anregungen zum Thema haben, freue ich mich auf Nachrichten per Email.