Nicht selten erfahren wir in den Beratungen, dass ein Partner bemüht ist, den anderen Partner zu erziehen.
Welche Bedeutung hat das Erziehen in der Partnerschaft / Ehe? Wer neigt eher dazu den Partner/ die Partnerin zu erziehen? Gibt es eine Alternative zur Erziehung des Partners?
Voraussetzung, damit es zum Versuch oder zur Erziehung selbst in der Patenschaft kommt, ist ein Verhalten des Partners, das missfällt. Vielleicht ist mein Partner unordentlich, erledigt nicht die Hausarbeit, hat Angewohnheiten, die mir nicht gefallen. Vielleicht ist die Kommunikation nicht so, wie ich es gewohnt bin? Es gibt viele Gründe. Genauso könnten wir viele Beispiele benennen.
Es gibt keine valide Statistik, die begründen könnte wer häufiger zur Erziehung des Partners / der Partnerin neigt: Mann oder Frau. Vermutlich wird es gleich oft angewandt.
Hier ein Beispiel aus dem Leben:
Mein Partner neigt dazu öfters sich mit seinen Freunden zu treffen und dann etwas zu viel Alkohol zu trinken. Das missfällt mir, da ich in meinem Elternhaus erlebt habe, was Alkoholkonsum für schlimme Folgen haben kann. Außerdem habe ich mich mit meiner Freundin unterhalten und erfahren, dass ihr Mann seinen Führerschein abgeben musste, da er unter Alkoholeinfluss sein Auto gefahren ist.
Durch diese Erfahrungen bzw. Erzählungen, ist diese Klientin aufgeschreckt und befürchtet nun, ihr Mann könnte ebenfalls ein Alkoholproblem bekommen. Vielleicht fährt er ja auch mit Alkohol im Blut noch Auto?
Die Reaktion kann nun eine bedachte oder unbedachte Erziehungsmaßnahme sein. So könnte sie ihm das Treffen mit seinen Freunden vereiteln, indem sie eine Parallel-einladung ausspricht. Geht er auf ihre Einladung nicht ein und möchte sich weiterhin mit seinen Freunden treffen, drohen vielleicht weitere Sanktionen. Die Erziehung ist bereits im vollen Gange.
Ein weiteres Beispiel: diesmal erzieht der Partner:
Der Partner kritisiert ständig die Fahrweise seiner Frau im Straßenverkehr. Auch ist er mit der Bedienung des Autos, durch sie nicht einverstanden. Irgendetwas stört ihn ständig an seiner Frau hinter dem Steuer. Schließlich möchte er möglichst alleine das Auto nutzen. Er sucht nur nach einem Weg, ihr das Fahren zu vereiteln. Auch hier haben Erziehungsmaßnahmen Einzug in die Partnerschaft / Ehe gehalten. Er erklärt ihr die Fehler, die sie hinter dem Steuer macht, bis sie schließlich keine Lust mehr hat Auto zu fahren…
Manchmal erklären mir Klientinnen auch, sie hätten ein weiteres „großes Kind“, neben ihren eigentlichen Kindern mit am Tisch sitzen. Gemeint ist hier der Ehemann / Partner, der durch ein ungewolltes / oder gewolltes kindliches Verhalten Aufmerksamkeit, Achtsamkeit oder Liebe versucht zu erhalten. Nicht selten berichten Frauen auch, dass ihr Partner regelrecht eifersüchtig auf die Kinder werden kann und dass er um die Liebe mit den Kindern regelrecht wetteifert.
Das Problem: Durch die Erziehung ändern sich die Rollen in der Beziehung. Zusätzlich ändern sich auch die Machtverhältnisse drastisch. Das Rollenverständnis sollte immer die Partnerschaft an sich ausdrücken. Also Mann und Frau. Im sexuellen Sinne ist das auch sehr wichtig, da eine Veränderung der Rollenfunktion keinen guten Einfluss auf die Paardynamik hat. Paare verlieren öfters die Beziehungsebenen im erotisch / sexuellem Sinne. Sie sind dann keine erotischen Lebenspartner mehr. Die Anrede mit „Vati und Mutti“ mag das verdeutlichen. Auch ohne die Elternanrede meiner Partnerin / Partners ist es schwierig eine erotische Beziehung als Sexualpartner bzw. Sexualpartnerin aufrecht zu erhalten, wenn ich mich wie ein Kind im Haus verhalte oder wenn ich wie ein Kind von meinem Partner / Partnerin erzogen werde.
Sollte es sich in unserer Beziehung so eingeschlichen haben, tun wir gut daran, sofort wieder zu den alten Rollen zurück zu kehren. Jegliche Form von Erziehung sollte unterbleiben, gleichgültig wie gut gemein oder wie lösungsorientiert der Ansatz auch sei. Für die Paarbeziehung ist es von großem Nachteil, wenn wir uns wie Kinder in der Beziehung benehmen oder so behandelt werden.
Für den Fall, dass es aus eigener Kraft nicht mehr möglich erscheint, dass falsche Rollen-Verständnis aufzulösen, sollte ein Paartherapeut zu Hilfe genommen werden.
Die Lösung der zugrunde liegenden Probleme: Es reicht nicht aus, das Rollenverständnis wieder dem von Partnern / Eheleuten anzugleichen. Die Probleme bestehen ja noch, die die Problematiken ausgelöst haben.
Auch hier empfehle ich über die negativen Gefühle (in einem Monolog – nicht im Dialog), wie bereits in einem früheren Artikel erklärt, miteinander zu thematisieren. Beachten Sie bitte immer auch die Bezüge zur Sachebene oder zur Emotionsebene.
Das Problem das beispielsweise sie die gesamte Hausarbeit alleine erledigen müssen, oder das die Kindererziehung ganz alleine auf ihren Schultern lastet, verbessert sich nicht dadurch, dass ihr Mann in der (erweiterten Kinderrolle) von ihnen ausgeschimpft oder bestraft wird.
Auch wird ihre Frau nicht das tun, das sie sich wünschen, wenn sie sie in erzieherischer Absicht unter „Arrest“ stellen oder ihr einen schönen Abend mit ihren Freundinnen vermiesen.
Die Lösung lautet wie immer, im miteinander reden und zwar in Augenhöhe. Bedeutet beide sind gleichwertige Partner und sind gleichberechtigt und gleichverpflichtet in der Partnerschaft bzw. Ehe.
Bitte beachten sie auch, dass sie möglicherweise am Modell gelernt haben. Hat vielleicht in ihrem Elternhaus bereits ein Rollentausch vom Erwachsenen zum Kind sein stattgefunden? Wenn es so ist, dann wundern sie sich bitte nicht, dass sie dieses Verhalten kopiert haben. Grund genug jetzt einen systemisch arbeitenden Paarberater zu kontaktieren. Er kann ihnen helfen, die Zusammenhänge zwischen Elternhäusern und ihrer Partnerschaft besser zu verstehen. Gemeinsam finden sie dann echte Lösungsansätze, die ihnen dauerhaft helfen.
Wenn Sie Fragen zum Thema haben, rufen Sie mich bitte an oder schreiben Sie mir einfach eine Mail. Ich freue mich auf Ihre Nachricht.
Ihr Georg Krause